Im "Hidden Movers Award" erhielt das Fußballprojekt Hannover den 2. Platz


Juli.2014
Achtung: Das Interview beginnt ab Minute 6:35 !

Interview mit Dirk Schröder (Projektleiter)

 

Wie bist du zum Projekt gekommen? Wie lange gibt es dieses Projekt überhaupt schon?

 

Seit mittlerweile elf Jahren gibt es dieses Projekt. Prof. Dr. Gunter A. Pilz und NFV-Mitarbeiter Henning Schick initiierten und etablierten es bereits im Jahr 2006 am Sportinstitut. Vor seiner Emeritierung suchte Prof. Pilz einen Nachfolger für die Leitung dieses Projekts und sprach mich an. Er wusste, dass ich fußballaffin bin und Interesse an Projekten im Bereich „Sport und Gesellschaft" habe. Ich sagte zu, nachdem ein Semester lang im Seminar hospitiert hatte. Nach der Emeritierung von Prof. Pilz leitete ich das Seminar zunächst im SS 2010 zusammen mit Dr. Arno Meyer, seit dem WS 2010 bin ich hauptverantwortlich. Prof. Dr. Gunter A. Pilz ist mit seinem Expertenwissen auch noch nach seiner Emeritierung im Jahr 2010 auf der Kooperationspartnerebene als Berater tätig. Gerade anfangs hat mir das sehr geholfen.

 

Wie kann man als Student(in) teilnehmen? Warum sollte man teilnehmen?

 

Es sind keine Vorkenntnisse und kein Vorwissen für die Teilnahme notwendig, allein das Interesse an einer intensiven Auseinandersetzung mit den sozialwissenschaftlichen, sportpädagogischen und sozialpädagogischen Aspekten, beispielsweise zum Umgang mit „schwierigen Lerngruppen" sollten die Studierenden mitbringen. Da das Seminar praxisorientiert angelegt ist, wird auch die Bereitschaft vorausgesetzt mit den jugendlichen Schülern der BBS außerhalb der Seminarzeiten zu kommunizieren und zu interagieren.

Ganz allgemein gilt: Die Teilnehmer dieses Seminars werden zu aktiver Mitarbeit - nah dran an den Schülern - „gezwungen". Darin liegt maßgeblich der didaktische Mehrwert dieses Seminars. Sie können sich im direkten Kontakt mit den Schülern Lehr- und Führungskompetenzen aneignen, lernen Schüler (und ihre Probleme) aus einem ganz anderen Blickwinkel als später als Lehrer kennen und entwickeln sich dadurch in ihrer Lehrerpersönlichkeit weiter. Diese Kompetenzziele sind für jeden Studierenden von großer Bedeutung. Alleine das Feld Konfliktmanagement wird geradezu zwangsläufig innerhalb eines Semesters mehrmals behandelt. Es ist ja nicht so, dass die Schülerklientel einfach wäre.

 

Was ist gut bzw. ausbaufähig?

 

Gut ist das Engagement der Studierenden und die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern BBS 3, NFV und Hannover 96. Hannover 96 stellt z.B. zweimal im Jahr Eintrittskarten für Heimspiele zur Verfügung. Da treffen dann alle zusammen und lernen sich kennen. Eltern, Lehrer, Schüler, Studenten, Seminarleitung, Schulleitung. Das sorgt für eine gewisse Nachhaltigkeit des Projekts.

Der NFV stellt uns einmal im Jahr seine Sportschule zur Verfügung. Dort können wir dann mit den Schülern unter Anleitung der Studierenden ein einwöchiges Trainingslager durchführen. Das war bisher immer eine für alle Beteiligten fruchtbare Zusammenarbeit.

Den Schülern der BBS hat das Trainingslager stets trotz aller Anstrengung einen Riesenspaß gemacht und die Studierenden konnten erste Lehr-Erfahrungen sammeln. Gerade im Hinblick darauf, dass es sich hier um „schwierige Lerngruppen" handelt, eine enorme Erfahrung für die Studierenden..

Ausbaufähig ist sicher unser Modul „Lernen im Stadion". Hier gab es in der Vergangenheit zu viele Unklarheiten bezüglich Inhalte und Ziele. Dadurch waren Schüler und Studierende (und der Klassenlehrer Herr Schierholz) unzufrieden und frustriert. Wir haben im letzten Semester einige Modifikationen vorgenommen, sodass dieses Modul hoffentlich im nächsten Semester besser läuft.

 

Was waren Highlights?

 

Die oben genannten Stadionbesuche und das Trainingslager in Barsinghausen sind immer aufregend und für sich schon gesehen „kleine Höhepunkte". Im ersten Jahr des Projekts belegte die BBS-Mannschaft den zweiten Platz beim Fußballturnier des Hochschulsportfestes. Das war auch klasse.

Highlights waren außerdem der Gewinn des DFB Integrationspreises 2011 und der Gewinn des 1. Integrationspreises der Stadt Hannover 2012. Diese Auszeichnungen machen mich stolz und zeigen mir, dass wir mit dem Projekt eine wichtige (Integrations-) Arbeit leisten. Von dem Geldgewinn konnten wir einen Soccercourt und Anhänger kaufen. Dadurch haben wir ganz neue gestalterische Spielräume für das Projekt gewonnen. Die Auszeichnung zur Hochschulperle im Juni 2013 war dann die Krönung. Die gemeinsam mit dem Fußballmuseum Springe geplanten und realisierten Ausstellungen "FanKultgewalFrei", Joyeux Noel - Heiligabend an der Westfront 1914" sowie "Achtung Schiris" waren sensationelle Erfolge, die auch ausgezeichnet wurden. Für "Achtung Schiris" gewannen das Fußballmuseum Springe und unsere Schüler als Kooperationspartner z.B. den niedersäschischen Förderpreis für Museumspädagogik. DAS Highlight schlechthin war allerdings unsere Fahrt nach Auschwitz. In Polen organisierten wir gemeinsam mit polnischen Schülern ein Friedens-Fußball-Jugendturnier und übernahmen die Wettkampfgerichts- und Schiedsrichterfunktion. 96 Teams für den Frieden war das Motto. Diese Aktion hat bei allen Beteiligten einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

 

Und Probleme...?

 

Problematisch gestaltet sich die Auswahl der Schüler für das Projekt. Im Vorfeld eines Schuljahres kommen wir nicht an die Schüler heran. Wir wissen nicht, wer sich letztlich in der BBS 3 anmeldet und wer gerne Fußball spielt und wer in die Fußballklasse möchte. Außerdem kommen die Flüchtlinge in den Sprachlernklassen dann in die Klassen, wenn sie hier ankommen und nicht zu Schuljahresbeginn. Dann waren auch plötzlich Schüler in der Fußballklasse, die gar keine Lust auf Fußball hatten. So funktioniert es nicht...

Ein anders grundsätzliches Problem, für das ich aber keine Lösung habe, ist, dass das Schuljahr und das Semester nicht zeitlich kongruent sind. Ein Halbjahr in der Schule ist schon zur Hälfte herum, wenn Schüler und Studierende sich kennenlernen.

 

Was hast du für Zukunftspläne mit dem Projekt? Was willst du noch realisieren?

 

In Absprache mit dem Klassenlehrer Carsten Schierholz und den Seminarteilnehmern aus dem wollen wir das gesamte Projekt „rund um den Soccercourt" und im Kern mit jugendlichen Kriegsflüchtlingen aus den Sprachlernklassen aufziehen. Die Schüler sollen den Soccercourt noch öfter als bisher in Grundschulen aufbauen und dort Fußballturniere mit den Grundschülern durchführen. Außerdem soll der Soccercourt bei jedem Heimspiel von Hannover 96 hinter der Südtribüne aufgebaut werden und dann von den Schülern betreut werden. Kinder mit ihren Eltern können dann vor dem Anpfiff dort kicken. Auch sollen die Schüler kleinere Reparaturarbeiten im Rahmen des Unterrichts am Soccercourt durchführen oder zusätzliche Banden herstellen. Der Bereich „Metall" wird somit für die BBS-Schüler absolut handlungsorientiert – und das ist das Wichtige bei dieser Schülerklientel - angesprochen.

 

Was ist die Aufgabe der Studierenden?

 

Aufgabe der Studierenden ist es in erster Linie Erfahrungen zu sammeln. Das kann sehr facettenreich sein. Klar ist: So nah und so intensiv wird der Kontakt zu Schülern bis zum Referendariat nicht mehr sein. Der eine bringt sich da etwas mehr praxisorientiert und schülernah ein, ein anderer ist eher der Typ um das Projekt bewusst aus der Distanz wissenschaftlich zu begleiten. Jeder muss sich da selbst verorten. Das heißt, die Studierenden werden weiterhin das Trainingslager in Barsinghausen vorbereiten und das „Lernen im Stadion" durchführen. Weiter steht die kontinuierliche Pflege der Homepage an. Am Besten geschieht dies im Zusammenspiel mit einem Schüler.

Nach der neuen Ausrichtung des Projekts „rund um den Soccercourt" können sich gerade auch die Studierenden des IfBE intensiv einbringen. Einige haben Berufserfahrungen im Bereich Metall oder Bau, so dass die Schüler hier von ihren Erfahrungen profitieren können. Andererseits werden die Studierenden wissenschaftliche Einzelfallanalysen bezüglich der Schüler anfertigen. Dazu gehören Unterrichtsbeobachtungen, Interviews, Elterngespräche usw. Aufgaben gibt es genug innerhalb des Projekts. Es wird bestimmt nicht langweilig.



Dirk Schröder, Leiter des Projektes auf Seiten der Universität Hannover.






 

2008-2013
Lehrkraft für besondere Aufgaben am Institut für Sportwissenschaft der
Leibniz Universität Hannover

seit 2013

Lehrbeauftragter am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenbildung

Die Partner

Hannover 96
Niedersächsischer Fußballverband
Leibniz Universität Hannover

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